IHK NRW - Monitoring Versorgung sichern 2030
Preise: Die Energiepreise sind für weite Teile der Industrie weiterhin nicht wettbewerbsfähig. Die Unternehmen sind auf eine verlässliche Entlastung angewiesen.
Der Bund hat in der Zwischenzeit ein erstes Konzept für eine Kraftwerksstrategie und ein Marktdesign vorgestellt. Eine Umsetzung ist noch nicht in Sicht. Wir teilen die Einschätzung der NRW-Landesregierung, dass die Planungen der Bundesregierung nicht ausreichen und schnellstmöglich überarbeitet werden müssen.
Um die Energiewende in Nordrhein-Westfalen erfolgreich zu gestalten, sind nun folgende Schritte erforderlich:
Wettbewerbsfähige Preise: Beim Voranschreiten der Energiewende muss die Wettbewerbsfähigkeit der Energiepreise als Grundbedingung festgeschrieben werden. Nur wenn diese gesichert ist, können weitere Schritte vollzogen werden. Andernfalls muss nun ein Plan B für die Energiewende vorgelegt werden, um die Wettbewerbsfähigkeit des Industriestandorts NRW nicht weiter zu gefährden.
Ausreichende Kapazitäten und einen Markt für gesicherte Leistung schaffen
Wetterlagen ohne Wind und Sonne machen umfangreiche Reservekapazitäten unabdingbar. Losgelöst vom Ausbaustand der Erneuerbaren Energien müssen nach Berechnungen des ewi, Köln, Kapazitäten von bis zu 7,6 GW in Form wasserstofffähiger Gaskraftwerke in NRW installiert werden. Die von der Bundesregierung in ihrer Kraftwerksstrategie angekündigten Kapazitäten von 12,5 GW für Deutschland sind nicht ausreichend, um zu einer umfassenden Ausweitung des Energieangebots in NRW beizutragen. Die Landesregierung muss darauf hinwirken, zusätzliche gesicherte Kapazitäten für NRW zu sichern.
Zudem muss der Bau und Betrieb dieser notwendigen Kapazitäten durch die Kraftwerksstrategie angereizt werden. Nur so werden konkrete Planungen für die angekündigten wasserstofffähigen Gaskraftwerke durch spätere Betreiber aufgenommen. Ein von der Landesregierung initiierter Dialogprozess mit Bund-Länder-Arbeitsgruppen und den kraftwerksbetreibenden Unternehmen in NRW ist dazu ein wichtiger und richtiger Schritt.
Noch liegen den Genehmigungsbehörden in NRW keine Anträge für den Bau wasserstofffähiger Gaskraftwerke vor (Drucksache 18/9940 Landtag NRW). Somit wurde auch im ersten Halbjahr 2024 kein Fortschritt bei der Schaffung gesicherter Kapazitäten in NRW erzielt. Der geplante Zeithorizont für einen Kohleausstieg 2030 ist so kaum mehr zu erreichen. Für einen Weiterbetrieb der vorhandenen Kapazitäten, über den potenziellen Streckbetrieb bis 2033 hinaus, müssen bereits frühzeitig Konzepte – spätestens aber bis 2026 – entwickelt werden. Planung, Genehmigung und Bau der Kapazitäten dauern nämlich bis zu 7 Jahre.
Erneuerbare Energien werden weiter ausgebaut – Dynamik muss aber weiter gesteigert werden
NRW benötigt bis zum Jahr 2030 laut ewi-Berechnungen einen Zubau von rund 26,4 GW Photovoltaik-Leistung (Bestand 2024: 10,7 GW) und von rund 8,6 GW Wind Onshore (Bestand 2024: 7,4 GW). Zugleich muss auch in anderen Bundesländern der Ausbau der erneuerbaren Energien ambitioniert fortgesetzt werden.
Der PV-Ausbau in 2024 liegt auf dem Ausbaupfad des vergangenen Jahres, das ein Rekordjahr beim PV-Ausbau darstellte. Zur Jahresmitte 2024 wurden in NRW bereits 1,027 GW hinzugebaut.
Beim Windenergieausbau belegt NRW im Vergleich zu anderen Bundesländern den Spitzenplatz; dennoch ist die Dynamik mit Blick auf die ambitionierten Ausbauziele weiterhin zu gering. Mit einem Zubau von 0,249 GW zur Jahresmitte 2024 liegt der Ausbau nah am Vorjahresniveau.
Um den in der Energie- und Wärmestrategie des Landes NRW genannten Zielkorridor von 21 bis 27 GW PV und von bis zu 15 GW für Wind (Energie- und Wärmestrategie des Landes NRW 2024) zu erreichen, reicht die aktuelle Ausbaudynamik nicht aus. Dafür wäre eine Steigerung des aktuellen Ausbaus beim Zubau von PV-Anlagen um das 1,4-Fache und um das 2,8-Fache beim Windenergieausbau pro Jahr notwendig.
Mit über 1,3 GW an bereits genehmigten Windenergieanlagen und dem Wirken der LEP-Novelle könnte die Dynamik in den kommenden Monaten weiter gesteigert werden. Genehmigte Kapazitäten müssen nun gebaut und an das Netz angeschlossen werden. Durch eine zügige Umsetzung der 2. LEP-Novellierung in den Regionalplänen müssen nun geeignete Flächen in ausreichender Menge bereitgestellt werden. Ein etwaiger 5-ha-Grundsatz darf nicht zu einer Begrenzung dieser für den Ausbau der erneuerbaren Energien und die Transformation der Industrie dringend benötigten Flächen führen.
Infrastrukturen dürfen nicht zum Bottleneck der Energiewende werden
In den nächsten Jahren wird der Beitrag von großen Batteriespeichern für die Versorgungssicherheit zunächst eine untergeordnete Rolle spielen, weil die Ausspeicherleistung nur kurze Zeiträume überbrücken kann und eine Wiederaufladung in den kritischen Zeiträumen nicht möglich ist. Für kurzfristigere Schwankungen ist bis 2030 dennoch bereits der Ausbau von Speichern mit einer Leistung von 2 GW in NRW erforderlich. Die zukünftig steigenden Anforderungen der Verbrauchssektoren und die Integration erneuerbarer Energien erfordern jedoch einen erheblichen Aus- und Umbau der Infrastruktur, insbesondere den der Stromspeicher, welche zunehmend relevanter werden. Frühzeitig müssen daher Konzepte entwickelt werden, wie Stromspeicher in das zukünftige Energiesystem integriert werden können.
Die Genehmigungen und Planfeststellungsverfahren für den Ausbau der Stromübertragungsnetze sind im Plan. Allerdings dürfen beim Bau keine Verzögerungen mehr auftreten, da sonst Versorgungslücken und stark steigende Redispatch-Kosten drohen. Zudem muss die Finanzierung des Verteilnetzausbaus sichergestellt sein. Da Erdgas in einigen industriellen Prozessen nicht durch Strom ersetzt werden kann, wird eine Versorgung mit Wasserstoff erforderlich sein. Der Ausbau eines Wasserstoffmarktes und einer entsprechenden Infrastruktur, einschließlich der vereinfachten Genehmigung von Elektrolyseuren, wird daher für viele Geschäftsmodelle ein wichtiger Standortfaktor. Neben dem Aufbau eines H2-Kernnetzes, das ab 2032 zur Verfügung stehen soll, müssen nun auch zugleich die notwendigen H2-Verteilnetzinfrastrukturen ausgebaut werden (IHK NRW 2024).
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Erstellt durch IHK NRW e. V.
Redaktionsteam: Raphael Jonas, Dr. Eckhard Göske, Dominik Heyer, Matthias Carl, Markus Cammerzell, Dr. Matthias Mainz
Auf Basis der Ergebnisse der Studie „Versorgungssicherheit für NRW in 2030“ des Energiewirtschaftlichen Instituts an der Universität zu Köln (EWI) gGmbH
Autoren: Philipp Artur Kienscherf, Julian Keutz, Hendrik Diers
Stand: 08/2024
Alle Rechte liegen beim Herausgeber
Hintergrund
Seit Juli 2023 beobachtet IHK NRW den Fortschritt der Energiewende in NRW kontinuierlich und weist so auf Verzögerungen beim Ausbau erneuerbarer Energien und der Infrastrukturen hin. Eine Studie des Energiewirtschaftlichen Instituts der Universität zu Köln (ewi) dient dazu als Grundlage und zeigt den Ausbaubedarf zur Sicherung der Energieversorgungssicherheit bei einem Kohleausstieg bis 2030 in NRW auf (IHK NRW 2023).
Zur Studie "Versorgungssicherheit für NRW 2030" des Energiewirtschaftlichen Instituts an der Universität zu Köln (EWI) gGmbH: